5 Gründe, warum wir uns auf Ethernet-APL freuen

Ethernet-APL wird der neue Standard für ein 2-Draht-Ethernet. Es ist speziell für die Prozessindustrie optimiert und ermöglicht den Aufbau digitaler Strukturen. Doch es gibt weitere Gründe, warum wir uns auf Ethernet-APL freuen.

1. Weil wir bei der Entwicklung von Ethernet-APL seit Jahren mitgearbeitet haben.

Bereits 1987 wollten wir als eines der ersten Unternehmen die digitale Kommunikation in die Prozessanlagen bringen. Unser damaliges „Feldbus-System ICS MUX“ basierte bereits auf einem seriellen Kommunikationsbus, war aber seiner Zeit voraus und wurde erst in den 2000-ern mit seinem Nachfolger Remote I/O System IS1+ zum globalen Erfolg. Doch die Feldgeräteebene bleibt mit Remote I/O weiter analog – mit den entsprechenden Einschränkungen. Die neuen Feldbusse, die damals auf den Markt kamen, versprachen viele Verbesserungen, haben aber wenig davon halten können.

In 2012 begannen die ersten Gespräche und Diskussionen zu einem neuen digitalen Kommunikationssystem für die Prozessautomatisierung. Im Laufe der Jahre ist viel passiert: Ideen wurden diskutiert, Konzepte ent- und wieder verworfen und die ein oder andere „politische“ Diskussion geführt. Letztendlich wurde mit dem NAMUR Symposium 2016 der Startschuss für das APL-Projekt gegeben und die damalige Aussage von Michael Pelz (heute stellvertretender Vorsitzender der NAMUR) hatte prophetischen Charakter: „Die enge Zusammenarbeit zwischen Hersteller- und Anwenderorganisationen schon in der frühen Phase einer neuen Technologie, setzt sehr viel Synergiepotenzial frei. Das bietet die beste Chance, eine neue Technologie einerseits kostengünstig in den Produkten der Anbieter, andererseits effizient in den Anlagen der Anwender einzuführen.“

Im August 2022 wurde das APL-Projekt offiziell beendet und die Technologiepflege in die Hände der Technologieorganisationen gelegt. Aktuell arbeiten die meisten Hersteller an Ethernet-APL Produkten, so dass im Laufe des Jahres 2024 mit einigen Produktvorstellungen zu rechnen ist. Seitens der Anwender werden Testsysteme und erste Installationen geplant, damit die neue Technologie auf Herz und Nieren getestet werden kann. Es ist also nicht mehr die Frage ob Ethernet-APL in die Prozessindustrie einzieht, sondern nur noch, wann.

2. Weil Ethernet-APL eine echte Gemeinschaftsentwicklung ist.

Selten hat wohl eine Technologieentwicklung so viel Begeisterung und Engagement ausgelöst wie Ethernet-APL – zumindest nicht in der Prozessautomatisierung. In dem Projekt ist das Kunststück gelungen, die meisten Leitsystem-, Feldgeräte- und Infrastruktur-Hersteller zusammen zu bringen und diese zusammen mit den Standardisierungsorganisationen FieldComm Group, ODVA, OPC Foundation und PROFIBUS+PROFINET International zu einem Team zu vereinen. Und das Ergebnis unterstreicht den Erfolg dieses Ansatzes: Auch nach dem offiziellen Ende des APL-Projektes setzt sich die Zusammenarbeit fort. Die Firmen tauschen untereinander Prototypen aus, um die Entwicklungsergebnisse und insbesondere die Interoperabilität frühzeitig zu testen (eine „lesson learnd“ aus der Vergangenheit, als Inkompatibilitäten erst bei der Inbetriebnahme beim Kunden entdeckt wurden).

Ebenso hat sich ein weiterer Erfolgsfaktor der Gemeinschaft gezeigt: Endanwender haben sich frühzeitig in das Projekt eingeklinkt und Testsysteme aufgebaut. Speziell bei der BASF in Ludwigshafen wurde hier bereits zu einem frühen Zeitpunkt ein hoher Aufwand getrieben, der sich letztendlich für alle Hersteller und Anwender bezahlt macht. So wurden frühzeitig Kompatibilitätsprobleme aufgedeckt und es war möglich, in unterschiedlichsten Systemkonfigurationen zu testen. Weitere Testsysteme bei anderen Anwendern existieren mittlerweile bzw. sind am Entstehen. Das stellt mit Sicherheit ein großer Vorteil für die Geräteentwicklung dar.

Und letztendlich arbeitet eine NAMUR APL Task Force zusammen mit dem ZVEI und deren Mitgliedsunternehmen an der Verbreitung von Ethernet-APL – also sozusagen eine gemeinsame Vermarktungsaktion von Anwendern und Herstellern. Das ist ein weiteres Novum.

3. Weil Ethernet-APL einfach funktioniert!

Ethernet-APL funktioniert und ist einfach anzuwenden. Das ist keine Selbstverständlichkeit bei neuen Technologien. Die Funktion von APL-Geräten wird grundsätzlich über einen Ethernet-APL Conformance Test durch eine qualifizierte neutrale Stelle verifiziert. Dazu kommen weitere Prüfungen und Zertifizierungen bezüglich der jeweils unterstützten Feldbus-Protokolle. Diese Prüfungen werden durch die entsprechenden Feldbus-Organisationen durchgeführt und bescheinigt. Eine Erfahrung aus der Ethernet-APL Entwicklung und dem Test ihrer Prototypen haben inzwischen vermutlich die meisten Hersteller gemacht: Ethernet-APL ist eine sehr gut spezifizierte Schnittstelle, die stabil und zuverlässig funktioniert.

Eine der Hauptforderungen seitens der Anwender war und ist die einfache Handhabung. Warum? Der Einsatz in Regionen mit niedrigerem Ausbildungsniveau, Fachkräftemangel, Zeitdruck usw. sind einige Gründe hierfür. Daher wurde bei der Entwicklung von Ethernet-APL besonderer Wert auf Einfachheit gelegt. Die zwei-Draht Lösung vermeidet Anschlussfehler, eine Punkt-zu-Punkt Topologie eliminiert komplexe Wechselwirkungen von Geräten und das neue Eigensicherheitskonzept 2-WISE (2-Wire Intrinsically Safe Ethernet) reduziert den Aufwand für den Nachweis der Eigensicherheit deutlich.

Speziell in explosionsgefährdeten Bereichen weist die Eigensicherheit gegenüber anderen Zündschutzarten deutliche Vorteile auf, da sich hier Änderungen der Installation, Erweiterungen oder Wartungs- und Instandhaltungsarbeiten ähnlich wie in nicht-explosionsgefährdeten Bereichen durchführen lassen. Leider hatte man das mit einem erhöhtem Aufwand bei der Planung und insbesondere dem mehr oder weniger aufwändigen Nachweis der Eigensicherheit zu erkaufen – ein Grund warum bisher viele Anwender auf die Vorzüge verzichtet haben. Mit dem 2-WISE Konzept aus IEC TS 60079-47 reduziert sich der Nachweis auf eine Überprüfung der 2-WISE Kennzeichnung der eingesetzten APL-Geräte und Field Switches sowie der korrekten Kabel und Kabellängen gemäß Ethernet-APL Spezifikation inklusive der entsprechenden Dokumentation dieser Überprüfungen im Explosionsschutzdokument. Einfacher geht es fast nicht mehr.

4. Weil Ethernet-APL der Enabler für die Digitalisierung ist.

Digitalisierung ist derzeit das Hauptthema in der Prozessautomatisierung. Selten waren so viele neue Konzepte und Lösungsansätze verfügbar, um Anlagen zu optimieren und auf ein ganz neues Level zu bringen: Sei es die modulare Automatisierung mit MTP, erweiterte Anlagenstrukturen zur Optimierung der Prozessabläufe wie die NAMUR Open Architecture (NOA) oder neue, offene Systemstrukturen mit OPAF oder der UniversalAutomation.org – um nur einige aufzuführen. Welche Konzepte und Technologien sich in der Praxis durchsetzen werden, ist nahezu unmöglich vorherzusehen. Sicher ist aber, dass Ethernet als Basis zwingend erforderlich ist und dass in der Prozessautomatisierung mit Ethernet-APL die ideale Lösung hierfür zur Verfügung steht. Oder anders gesagt, wenn nicht Ethernet-APL, wie lautet dann der Plan B für die Digitalisierung?

Ethernet-APL bringt höhere Übertragungsraten mit sich – weit mehr als man bisher mit HART oder den klassischen 2-Draht Feldbussen erreichen konnte. Die Konfiguration und Inbetriebnahme von Anlagen beschleunigt sich dadurch deutlich. Aber das ist eigentlich nur ein Nebeneffekt. Mit Ethernet-APL ist erstmals die durchgängige Vernetzung von der Feldebene bis in die Cloud und darüber hinaus realisierbar. IP-Kommunikation – sowohl vertikal als auch horizontal – ermöglicht den anlagenweiten Zugriff auf Daten. Und durch die höhere Bandbreite sind neben den Prozessdaten auch jede Menge weitere Informationen zugänglich. Die Aussage von Bill Gates (ehemals CEO Microsoft) wird auch in Prozessanlagen Wirklichkeit: „Information at your fingertips“ – auch wenn er dabei etwas anderes im Sinn hatte.

5. Weil Ethernet-APL die Basis für neue Ideen ist.

Mit Ethernet-APL werden sich neue Produkte und Anwendungen ergeben, die mit den bisherigen Mitteln schwer umsetzbar oder gar unmöglich waren. Denn die Technologie eröffnet Herstellern und Anwendern wieder neue Denkansätze, die sich mit 4…20 mA häufig von vornherein ausgeschlossen haben. Oder wie Henry Ford es einst in Bezug auf den Technologiesprung von Pferd zu Auto formuliert hat: „Wenn ich die Leute gefragt hätte, was sie wollen, hätten sie gesagt: schnellere Pferde.“

Durch die durchgängige IP-Kommunikation ist der Remote-Zugriff bis auf die Feldgeräte weltweit von jedem Standort aus grundsätzlich möglich. So muss für die Fehlersuche, eine Konfigurationsänderung oder ein Firmware-Update nicht zwingend überall ein Spezialist vor Ort sein. Vieles kann von zentraler Stelle aus gelöst werden. Natürlich ergeben sich damit auch neue Anforderungen wie z.B. Security-Aspekte.

Safety-Anwendungen lassen sich mit Ethernet-APL deutlich effektiver planen. Entsprechende APL-Feldgeräte können grundsätzlich in sicheren und nicht-sicheren Anwendungen eingesetzt werden – entsprechende Protokollstacks vorausgesetzt. Die Infrastruktur mit Ethernet-Kabeln und Field Switches bleibt die selbe.

Auch lassen sich in den neuen Feldgeräten z.B. die Betriebsanleitungen, Service-Anweisungen und Gerätetreiber direkt ablegen, um über das performante Ethernet-Netzwerk bei Bedarf darauf zuzugreifen. Das heißt für Sie: Keine Suche mehr nach den passenden Treibern auf den Webseiten der Hersteller. Die richtige Anleitung zum richtigen Gerät ist jederzeit verfügbar.

Sicher werden noch viele weitere Ideen entstehen denn mit Ethernet-APL ist das Rennen um die besten Innovationen wieder neu gestartet.

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