Beleuchtung unter dem Blickwinkel Arbeitsschutz – was Betreiber und Facility-Manager wissen müssen

Licht ist in Industrieanlagen ein wichtiger Produktivitäts- und Sicherheitsfaktor. Neue Erkenntnisse über die nichtvisuellen Wirkungen von Beleuchtung auf den Menschen zeigen, dass es sich lohnt, über Licht am Arbeitsplatz nachzudenken. Moderne LED-Lösungen ermöglichen hier spannende neue Anwendungen.

Stress am Arbeitsplatz hat viele Ursachen. Eine der weniger prominenten ist schlechtes Licht. Kopfschmerzen, Müdigkeit und Reizbarkeit können die Folge unzureichender Beleuchtung sein. Die Leistungsfähigkeit des Menschen sinkt, wenn sich aufgrund schlechter Beleuchtung die Konzentrationsspanne reduziert und die Aufmerksamkeit leidet. Häufig sind dann Unfälle vorprogrammiert.

Während die Forschung zu den nichtvisuellen Wirkungen von Beleuchtungslösungen im Hinblick auf Arbeitsbereiche noch am Anfang steht, fokussiert das aktuelle Regelwerk zum Thema Beleuchtung am Arbeitsplatz bislang auf die direkten, visuellen Effekte: Gefahrenquellen müssen so beleuchtet werden, dass sie für die Menschen in einer Anlage deutlich sichtbar sind. Stürze lassen sich verhindern, wenn Stolpergefahren durch geeignete Beleuchtung zu sehen sind. Also Leuchte installieren und fertig? Ganz so einfach ist die Sache nicht. Denn einerseits gilt es, die einschlägigen Regeln und Normen zu beachten und andererseits verschenken Betreiber mit einer suboptimal geplanten Beleuchtung wertvolles Potenzial.

Zu den wichtigsten Regelwerken rund um die Beleuchtung von Arbeitsbereichen zählen

  • Arbeitsschutzgesetz
  • Technische Regeln für Arbeitsstätten (ASR)
  • Verordnung über Arbeitsstätten (ArbStättV)
  • Unfallverhütungsvorschrift „Beleuchtung“ (BGV A8)
  • Berufsgenossenschaftliche Regeln für gute Sicht (BGR)
  • Technische Regeln für Gefahrstoffe

Biologisch wirksame Beleuchtung – noch fehlen Langzeitstudien

Für Aufregung sorgte unter Arbeitsschutz-Experten der 2013 veröffentlichte DIN SPEC Fachbericht 67600 „Biologisch wirksame Beleuchtung – Planungsempfehlungen“. Denn das Dokument enthält detaillierte Angaben dazu, wie mit Lichtinstallationen – auch an Arbeitsstätten – gezielt nichtvisuelle Wirkungen erzielt werden können. Der Vorwurf der Arbeitsschutz-Experten: Bis heute fehlen für solch detaillierte Anwendungsempfehlungen die wissenschaftlichen Grundlagen. Dass Licht nichtvisuelle Wirkungen auf den Menschen hat, bestreitet dabei niemand. Und wahrscheinlich jeder hat bereits die Erfahrung gemacht, dass sich Licht auf das eigene Wohlbefinden und die Stimmung auswirken kann. Eine unzureichende oder ungleichmäßige Beleuchtung beeinträchtigt die Leistungsfähigkeit und -bereitschaft und leistet der Ermüdung Vorschub.

Ein gut erforschtes Gebiet ist der Einfluss von Licht auf das Phänomen der Winterdepression: Manche Menschen werden in der dunklen Jahreszeit antriebslos, weil der Mangel an Tageslicht die Produktion von Hormonen und Botenstoffen ungünstig beeinflusst. So wird das Schlafhormon Melatonin in langen Dunkelperioden am Morgen langsamer abgebaut und zudem auch länger ausgeschüttet. Dazu kommt, dass an dunklen Tagen der auch als „Glückshormon“ bezeichnete Botenstoff Serotonin im Gehirn weniger lange wirken kann.

Ein Durchbruch in der Erforschung der nichtvisuellen Wirkungen von Licht auf den Menschen gelang im Jahr 2001 Neurologen des Jefferson Medical College in Philadelphia (USA). Diese entdeckten in der Netzhaut einen neuen Fotorezeptor, mit dem erklärt werden konnte, wie Licht die biologische Uhr des Menschen steuert. Die Wissenschaftler konnten nachweisen, dass der Fotorezeptor die Melatonin-Produktion kontrolliert und besonders auf blaues Licht anspricht.

Umgesetzt wird diese Erkenntnis heute beispielsweise bei Computermonitoren und Bildschirmen in Mobiltelefonen und Tablets. „Augenkomfort“ oder „Night Shift“ heißen die Funktionen, mit denen der Blauanteil beispielsweise am Abend reduziert werden kann, damit die Produktion von Melatonin nicht behindert wird. Das ist wichtig, damit unsere biologische Uhr synchron zum natürlichen Tag-Nacht-Rhythmus bleibt.

Blaues Licht steigert Aufmerksamkeit und Reaktionsvermögen

Ein interessantes Experiment dazu hat die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) im Jahr 2015 durchgeführt: 18 Probanden wurden abends und morgens unterschiedlichen Lichtsituationen ausgesetzt. Die Forscher fanden heraus, dass eine blaue Beleuchtung am Morgen wachmacht und die Reaktionszeit erhöht. Zudem fühlten sich diese Probanden auch abends noch wacher und leistungsfähiger, als die Kontrollgruppe, die morgens gedimmter Glühlampenbeleuchtung ausgesetzt war. Aus Sicht des BAuA besteht Grund zur Annahme, „dass die Beleuchtung unserer Arbeitsplätze häufig nicht mehr ausreicht, um die innere Uhr täglich in ausreichendem Maß auf den äußeren 24-Stunden-Rhythmus zu synchronisieren“ und dass „die Beleuchtung tagsüber maßgeblich zu unserer Wachheit und Leistungsfähigkeit beitragen“ kann. Licht zur falschen Zeit könnte also eine Ursache für die Desynchronisation der inneren Uhr sein, wie sie etwa bei Schichtarbeitern beobachtet wird. Mögliche Folgen sind Konzentrationsschwäche sowie Stoffwechselstörungen und sogar Herz-Kreislauf-Erkrankungen.

Allerdings erlaubt es die aktuelle Erkenntnislage noch nicht, allgemein gültige quantitative Aussagen bezüglich der nichtvisuellen Wirkungen von Licht zu treffen. Denn wichtig wären dazu Ursache-Wirkungs-Erkenntnisse, aus denen sich beispielsweise Zahlenwerte für Beleuchtungsstärke oder Farbtemperatur ableiten ließen. Klar ist allerdings, dass die auch unter dem Fachbegriff „circadianer Rhythmus“ bekannte Tag-Nacht-Regelmäßigkeit relevant für die Arbeitssicherheit ist. Experten des BAuA konnten durch die Analyse von 3.000 Störfällen in der Industrie nachweisen, dass sich tageszeitliche und saisonale Veränderungen des Tageslichts im Unfallgeschehen abzeichnen. Auch deshalb hat die Kommission Arbeitsschutz und Normung (KAN) in einem Positionspapier vom September 2022 nochmals bekräftigt, dass auch im Bereich der nichtvisuellen Wirkungen künstlicher Beleuchtung die Belange des betrieblichen Arbeitsschutzes betroffen sind und in Normungsvorhaben berücksichtigt werden müssen.

Beleuchtungskonzepte in Industrieanlagen anpassen

Was bedeutet dies nun für die Beleuchtung in Industrieanlagen? Zunächst einmal machen die jüngsten Erkenntnisse deutlich, wie wichtig die Planung der Beleuchtung ist. Die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung DGUV empfiehlt dazu:

  • Möglichst Tageslicht nutzen und Arbeitsplätze vorzugsweise fensternah anordnen.
  • Wo kein oder nur wenig Tageslicht zur Verfügung steht, sollte tagsüber ergänzend helle künstliche Beleuchtung oder Beleuchtung mit hohen Blauanteilen genutzt werden.
  • Am Abend sollte helles Licht und Licht mit hohen Blauanteilen vermieden werden – und zwar spätestens zwei Stunden vor dem Schlafbeginn.
  • Außerdem sollte der direkte Blick in die Lichtquelle abends vermieden werden.
  • Beschäftigten wird empfohlen, ihre Pausen vorzugsweise im Freien zu verbringen.
  • Bei der Arbeit in Spät- oder Nachtschicht sollte helles Licht oder solches mit hohen Blauanteilen generell vermieden werden.
  • Zudem sollten nicht benötigte Lichtquellen nachts abgeschaltet oder gedimmt werden.
  • Für Tätigkeiten mit besonderen Risiken fördert helles Licht oder Licht mit hohen Blauanteilen Wachheit und Aufmerksamkeit – entscheidend ist hier zunächst eine Gefährdungsbeurteilung.

Damit neue Erkenntnisse auch in bestehenden Anlagen in die betriebliche Praxis übernommen werden, verpflichtet das Arbeitsschutzgesetz die Arbeitgeber, Maßnahmen für die Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten regelmäßig zu überprüfen und an neue Gegebenheiten anzupassen. Wie diese Beurteilung erfolgen soll, ist in der Arbeitsstättenverordnung und in der Technischen Regel für Arbeitsstätten „Gefährdungsbeurteilung“ (ASR V3) konkretisiert.

Sicherheitseinrichtungen optimal mit LED ausleuchten

In der Vergangenheit waren die Möglichkeiten in der Beleuchtung von Industrieanlagen relativ eingeschränkt. Vor allem das limitierte Farbspektrum von Leuchtstoffröhren oder gar Natriumdampflampen und die damit einhergehende unzureichende Farbsättigung führt zu Problemen in der Wahrnehmung: Farbige Markierungen – zum Beispiel von Sicherheitseinrichtungen – sind in diesem Kunstlicht häufig deutlich schlechter zu erkennen als bei Tageslicht.

Spannend sind vor diesem Hintergrund die deutlich erweiterten Möglichkeiten von LED-Beleuchtungskonzepten. LED ermöglichen es, die Wellenlänge der Lichtemission gezielt zu nutzen und neben einer besonders energieeffizienten allgemeinen Beleuchtung mit tageslicht-ähnlichem Spektrum auch besondere Anforderungen zu erfüllen. Ein Beispiel aus der Industrie ist die Markierung von Not- und Augenduschen, bei denen grünes Licht empfohlen wird. Opfer mit Verätzungen oder Verbrennungen müssen die Notdusche so schnell wie möglich finden können.

Im Gegensatz zu gefilterten Leuchtstofflampen, die durch ihren hohen Weißlichtanteil in der Farbsättigung limitiert sind, erreichen LED eine hohe Farbsättigung. Dadurch wird die Farberkennung durch die Betrachter enorm gesteigert. Dazu kommt, dass LED deutlich langlebiger sind, als klassische Langfeldleuchten mit Leuchtstoffröhren. Denn bei Letzteren schwindet die Leuchtkraft über die Betriebsdauer relativ stark, wodurch die Signalfunktion kontinuierlich verloren geht.

Eine interessante Variante ist hier die Kombination von farbigen Dioden und Weißlicht-LED in einer Langfeldleuchte (EXLUX 6002), die einerseits die grüne Signalwirkung für das schnelle Auffinden der Notdusche erzielt, gleichzeitig mit ihrem Mittelteil aus Weißlicht-LED die Erkennbarkeit aus der Ferne erhöht und vor Ort an der Station für gute Sicht sorgt. Weitere Beispiele sind blau ausgeleuchtete Feuerlöscher-Standorte oder LED-Beleuchtungslösungen mit einem nach Gelb verschobenen Lichtspektrum, die auf Offshore-Anlagen dabei helfen, die Anziehungskraft auf die Tierwelt zu reduzieren. Daneben erlauben es zu- und abschaltbare Lichtfelder verschiedene Prozessbereiche optisch abzugrenzen, oder hocheffektive Wegweiser zur Evakuierung zu realisieren.

Fazit

Licht wirkt visuell und nichtvisuell und beeinflusst Mitarbeiter an ihrem Arbeitsplatz und beim Aufenthalt in Industrieanlagen stark. Beleuchtungskonzepte sollten dies berücksichtigen. Hier lohnt sich die Zusammenarbeit mit kompetenten Planern, die neben Erkenntnissen zu den Wirkungen der Beleuchtung und den Möglichkeiten von Beleuchtungskonzepten auch Kompetenz im Hinblick auf den Arbeitsschutz und Sicherheitsvorschriften einbringen.

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