Zur Speicherung überschüssiger Wind- und Solarenergie eignen sich Power-to-Gas-Verfahren. Wasser wird dabei elektrolytisch gespalten. Es entsteht Wasserstoff, der als speicherbarer Energieträger eine wichtige Rolle in der Energiewende spielen wird. Erzeugung, Speicherung und Rückumsetzung zu Wasserdampf und Strom müssen so durchgeführt werden, dass keine Gefahr für Mensch und Umwelt besteht. Bestehende Risiken lassen sich beherrschen, wenn man sie gut kennt. Schauen wir uns also die Eigenschaften von Wasserstoff genauer an.
Physiologische Eigenschaften von Wasserstoff
Die gute Nachricht ist: Wasserstoff ist nicht giftig. Glücklicherweise, denn wir können das farblose Gas weder riechen noch schmecken oder sehen. Erst, wenn so viel Wasserstoff in der Luft wäre, dass er den vorhandenen Sauerstoff verdrängt, wäre das gesundheitsschädlich, schlicht wegen des damit verbundenen Sauerstoffmangels. In dieser Hinsicht haben wir wenig zu befürchten. Wasserstoff ist viel leichter als Luft. Wird er frei, dann steigt er im Freien schnell auf, mischt sich mit Luft und kann die Atmung von Lebewesen am Boden nicht beeinträchtigen. Problematisch kann es jedoch werden, wenn sich Wasserstoff in geschlossenen Strukturen oder Gebäuden ansammelt.
Sollte der Anteil an Wasserstoff in der Luft 30 Vol.-% übersteigen, würde dies tatsächlich zu schweren Atemproblemen führen. Bevor es jedoch dazu kommt, gibt es ein viel größeres Problem zu bewältigen. Denn in einer solchen Atmosphäre bestünde akute Explosionsgefahr. Das muss unbedingt vermieden werden. Aber wie? Dazu kommen wir später.
Fazit: Wer mit Wasserstoff umgeht, benötigt nicht unbedingt eine Gasmaske, er sollte das Gas aber auf keinen Fall einatmen.
Ähnlich sind die Gefahren von Wasserstoff für die Umwelt zu bewerten. Das Wichtigste ist, dass Wasserstoff die Ozonschicht nicht schädigt und nicht zum Treibhauseffekt beiträgt. Zu seinen positiven Umwelteigenschaften gehört auch, dass bei seiner Verbrennung ausschließlich Wasser entsteht.
Weitere Eigenschaften und Kenngrößen von Wasserstoff
Bisher haben wir einen qualitativen Blick auf die Eigenschaften von Wasserstoff und die damit verbundenen Risiken geworfen. Bevor wir auf weitere Gefahren – insbesondere auf die Brand- und Explosionsgefahr und vor allem auf deren Vermeidung – eingehen, lohnt es sich, die physikalischen Eigenschaften aus fachlicher Sicht etwas genauer zu betrachten.
Gasförmiger Wasserstoff
Wasserstoff ist leicht. Genauer gesagt ist er mit einer Dichte von 84 g/m³ bei 15 °C und 1 bar das leichteste aller Gase. Luft ist 14-mal schwerer. Daher lohnt es sich, in allen Räumen, in denen sich Wasserstoff ansammeln könnte, für gute Belüftung zu sorgen. Dies sollte die erste Maßnahme zur Vermeidung von Explosionen sein.
Wasserstoff ist hochentzündlich, reagiert also mit Sauerstoff. Die wichtigsten Kenngrößen sind:
- Die Mindestzündenergie von Wasserstoff. Sie liegt bei 20 µJ. Das ist äußerst niedrig. Ähnlich niedrig liegt nur noch die Mindestzündenergie von Acetylen und Schwefelkohlenstoff.
- Eine andere wichtige Größe ist die Zündtemperatur. In Luft beträgt sie 585 °C. Sie liegt über der Zündtemperatur von Methan (540 °C), dem Hauptbestandteil von Erdgas. Holz hat eine Zündtemperatur von ca. 280 °C, Kohle von 240 - 280 °C. Das klingt deutlich weniger gefährlich.
- Allgemein kann sich Wasserstoff nur entzünden, wenn auch Sauerstoff in der Nähe ist. Es gibt eine „Mindestmenge“ an Sauerstoff und eine „Höchstmenge“ an Sauerstoff, die für eine Entzündung erforderlich ist. Zwischen diesen Grenzen liegt ein explosionsfähiges Gemisch vor. Dieser Explosionsbereich ist bei Wasserstoff äußerst breit. Er reicht von 4 Vol.-% Wasserstoffgehalt in Luft (sogenannte Untere Explosionsgrenze UEG) bis 77 Vol.-% (Obere Explosionsgrenze OEG). Liegt also reiner Wasserstoff oder ein Wasserstoff-Luft-Gemisch mit einem Anteil von weniger als 23 Vol.-% Luft vor, kommt es zu keiner Explosion. Auch sehr geringe Mengen von Wasserstoff in der Luft bergen keine Gefahr, weshalb man durch ausreichendes Lüften und die bereits erwähnte „Verdünnung“ der wasserstoffhaltigen Luft, die Explosionsgefahr bannen kann. Gelangt aber Luft in einen Behälter, der gasförmigen Wasserstoff führt, ein, dann ist die UEG schnell erreicht. Dies muss unbedingt vermieden werden.
Wasserstoff reagiert auch mit anderen Elementen, beispielsweise mit den Gasen Chlor oder Fluor. Normalerweise sind diese jedoch nicht in relevanten Mengen vorhanden; daher werden wir dies hier nicht weiter betrachten.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass ein Wasserstoff-Luft-Gemisch mit einer Wasserstoffkonzentration zwischen 4 Vol.-% und 77 Vol.-% zündfähig ist, also explodieren kann. Dazu ist jedoch Energie erforderlich, die sogenannte Aktivierungsenergie. Bei Raumtemperatur – ohne Zündquelle – würde nichts passieren. Doch schon eine äußerst geringe Energie von 0,02 mJ zündet das Gasgemisch (zum Vergleich: Mindestzündenergie von Methan: 0,28 mJ). Dabei muss es sich nicht um Energie einer Flamme handeln. Dass bei einem Schlag mit einem Stein auf Metall oder durch Reibung (z. B. bei einem Holzbohrer) Energie entsteht, wusste man schon in der Steinzeit. Ein Funken genügt, um ein Wasserstoff-Sauerstoff-Gemisch zu entzünden. Allerdings ist dazu eine sehr hohe Temperatur erforderlich, nämlich 585 °C. Denn Wasserstoff besitzt eine hohe Wärmeleitfähigkeit, transportiert also die Wärme, die auf ihn einwirkt, sehr schnell wieder ab. Eine Oberfläche muss außerordentlich heiß sein, um ein explosionsfähiges Wasserstoff-Luft-Gemisch zu entzünden. Die meisten Zündquellen lösen in der Praxis jedoch eine Zündung aus. Schon allein durch ein Rostteilchen, das von einem Wasserstoffstrahl mitgerissen wird, kann bei Aufprall auf Metall ein ausreichend heißer Funken entstehen.
Eine weitere kritische Eigenschaft: Brennt Wasserstoff, dann mit nahezu farbloser Flamme, weshalb ein Brand bei Tageslicht unter Umständen unbemerkt bleiben kann.
Bestimmte Gas-Luft-Gemische können übrigens bereits zünden, wenn sie sich ausdehnen, denn auch dabei steigt die Temperatur. Bei Wasserstoff ist das nicht der Fall. Denn die Temperatur steigt lediglich von z. B. 20 °C auf 25 °C, wenn man Wasserstoff unter hohem Druck (z. B. 175 bar) schnell auf Normaldruck (1 bar) bringt. Von der Zündtemperatur ist das weit entfernt.
Flüssiger Wasserstoff
Besondere Explosionsgefahren birgt flüssiger Wasserstoff (LH2). Mit -253 °C ist er so kalt, dass alle in ihm enthaltenen Verunreinigungen (außer Helium) gefrieren. Das gilt insbesondere auch für Luft, die in einen Behälter mit flüssigem Wasserstoff gelangt. Ein Gemisch aus fester Luft und LH2 wirkt wie Sprengstoff. Außerdem bewirken die tiefen Temperaturen, dass an den Außenflächen nicht isolierter Rohre oder Anlagenteile Luft kondensiert. Aus dieser flüssigen Luft verdampft der Stickstoff nach und nach, so dass die Konzentration des flüssigen Sauerstoffs in dem Gemisch steigt. Bei Kontakt mit brennbaren Stoffen, etwa wenn der flüssige Sauerstoff auf Holz tropft, könnte es ebenfalls zu einer Explosion kommen. In der Nähe eines Wasserstoff-führenden Rohres hätte dies natürlich verheerende Folgen.
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