Licht bzw. Lichtenergie kann explosive Atmosphären zünden – das hat die Physikalisch-Technische Bundesanstalt in Untersuchungen bereits in den 1990er Jahren erforscht. Seit 2006 existiert die DIN EN 60078-28 (seit 2016 in der zweiten Edition) zur Normung des optischen Explosionsschutzes. Anwender und Betreiber von Prozessanlagen sehen sich häufig mit der Situation konfrontiert, dass Gas- und auch Staub-explosionsgefährdete Bereiche in vielen Anwendungen anzutreffen sind – und zugleich es von der LED-Leuchte bis zum Lichtwellenleiter optische Einrichtungen in großer Zahl gibt. Dieser Beitrag stellt Anforderungen und gängige Technik im optischen Explosionsschutz kurz vor.
Optische Komponenten in Prozessanlagen
Prozessanlagen mit explosionsgefährdeten Bereichen, in denen keinerlei optische Komponenten verwendet werden, sind eine seltene Ausnahme von der Regel. In den meisten Anlagen werden Leuchten, Laser, LEDs und ähnliche Komponenten für Kommunikations-, Überwachungs- und Messaufgaben benötigt. Die fortschreitende Digitalisierung bringt zunehmend Ethernet-Vernetzung bis ins Feld und damit auch in explosionsgefährdete Bereiche. Speziell bei der Überbrückung großer Distanzen in ausgedehnten Anlagen und wegen der sehr hohen Störfestigkeit werden Lichtwellenleiter mehr und mehr zur Netzwerktechnik der Wahl. Je nach verwendeter Glasfaser sind Abstände von 2 bis zu 30 Kilometern möglich.
Zündgefahr durch Licht
Warum durch optische Strahlung die Gefahr einer Zündung besteht, ist leicht zu veranschaulichen: Lässt man durch eine einfache Lupe Sonnenlicht auf etwas Stroh fallen, wird dieses nach kurzer Zeit zu brennen beginnen. Auf einen kleinen Punkt fokussiert wird dabei die Energie gebündelt – im Brennpunkt ist sie um ein Vielfaches stärker als in der Fläche. Und ein optischer Leiter fokussiert Licht auf einen sehr kleinen Punkt. 1996 erschien der PTB-Report W-67 zur „Entzündung von explosionsfähigen Dampf/Luft- und Gas/Luft-Gemischen durch kontinuierliche optische Strahlung“ von M. M. Welzel. Im August 2006 wurde die IEC 60079-28 „Explosive atmospheres – Part 28: Protection of equipment and transmission systems using optical radiation“ herausgegeben. Die europäische Umsetzung erschien im Oktober 2007. Seit April 2016 liegt die zweite Edition vor, die einige Ergänzungen und Erläuterungen enthält. Grundsätzlich erörtert die Norm vier mögliche Zündmechanismen:
- die Erhitzung von Partikeln durch optische Strahlung und dadurch bedingtes Erreichen einer zündfähigen Oberflächentemperatur,
- die thermische Zündung einer Gasmenge dadurch, dass die optische Wellenlänge einem Absorptionsband des Gases entspricht – eine Art Resonanzeffekt,
- die photochemische Zündung aufgrund photochemischer Dissoziation von Sauerstoffmolekülen durch Strahlung im Ultraviolett-Bereich,
- den direkten laserinduzierten Durchschlag eines Gases im Brennpunkt eines starken Strahles und Erzeugung von Plasma oder einer Stoßwelle, die beide möglicherweise als Zündquelle wirken können.
Die für die Praxis größte Relevanz hat der zuerst genannte Aspekt, also die Zündgefahr durch eine erhitzte Oberfläche. Schützen kann man eine Installation gemäß der Norm auf dreierlei Weise:
- durch geschützte optische Strahlung „op pr“,
- durch optische Systeme mit Verriegelung „op sh“,
- durch inhärent sichere optische Strahlung „op is“.
Im Gegensatz zu elektrischen Signalen ist Licht nicht örtlich begrenzt. So kann auch eine Lichtquelle außerhalb bzw. in der Nähe des explosionsgefährdeten Bereichs in diesen Bereich herabstrahlen und eine Explosion auslösen. Hierauf muss bei der Projektierung und der Risikoanalyse besonders geachtet werden.
Speziell die zweite Edition weist aber auch ausdrücklich darauf hin, dass nicht jeder Lichtstrahl oder jede LED sofort zu einer gefährlichen Zündquelle wird. So werden verschiedene Strahlungsquellen explizit ausgenommen:
- LEDs mit divergenter Strahlung, die nicht in Matrixanordnung und nicht in Lasertechnik ausgeführt sind, und die zur Anzeige eines Gerätestatus oder als Hinterleuchtung für LCD-Anzeigen verwendet werden.
- Leuchten mit kontinuierlichen divergenten Lichtquellen (für alle EPLs).
Leuchten mit LED-Lichtquellen (nur ausgenommen für die EPL „Gc“ oder„Dc“).
Alle Leuchten müssen jedoch mit den allgemeinen Anforderungen für Beleuchtungseinrichtungen (z. B. Mindestabstände zwischen dem lichterzeugenden Teil und lichtabsorbierenden Körpern) übereinstimmen. - Optische Strahlungsquellen für Gb- oder Gc- und Db- oder Dc-Anwendungen, die den Klasse 1 Grenzwerten aus der IEC 60825-1 „Sicherheit von Lasereinrichtungen - Teil 1: Klassifizierung von Anlagen und Anforderungen“ entsprechen. Bei diesen Klasse 1 Lasern ist aber auch ein ggf. dafür spezifizierter Abstand „Auge zu Laser“ für den Explosionsschutz relevant.
Im Anhang C wird die Vorgehensweise zur Zündgefahrenbewertung bei optischer Strahlung aufgeführt.
Geschützt oder verriegelt
Die geschützte optische Strahlung „op pr“ basiert auf dem Konzept, dass die Strahlung nicht aus ihrer Einschließung entweichen kann. LWL-Kabel müssen für diese Zündschutzart entsprechend robust ausgelegt sein oder geschützt vor zerstörerischen Einflüssen verlegt werden. Gehäuse sind so zu konstruieren, dass eine Explosion im Inneren keine Zündung der äußeren Atmosphäre verursacht und auch keine gefährliche Menge von Lichtenergie nach außen treten kann, also keine Schauscheiben oder ähnliches enthalten sind. Damit entspricht diese Zündschutzmethode weitestgehend der „erhöhten Sicherheit“ und der „druckfesten Kapselung“, die aus dem elektrischen Explosionsschutz bekannt sind. Überdruckkapselung „Ex p“ wäre eine weitere Möglichkeit. Auch spezielle Leitungseinführungen und Steckverbinder sind erforderlich. So muss eine externe Verbindung in der Zone 1 alle entsprechenden Anforderungen der DIN EN 60079-0 erfüllen. Eine sehr gut geeignete und zuverlässige Möglichkeit zur Verlegung und Verteilung optischer Kabel bieten Spleissboxen, die auch in bescheinigter Zone 1 Ausführung verfügbar sind.
Die zweite oben genannte Zündschutzart, das Prinzip der Verriegelung und Abschaltung „op sh“, setzt darauf, das ein Faserbruch sofort erkannt und die optische Strahlung unmittelbar sicher abgeschaltet wird. Das Schutzprinzip basiert bei dieser Zündschutzmethode auf einer Risikoanalyse. Anwender werden sich dabei an das Normenwerk zur „Funktionalen Sicherheit“ (IEC 61508 und IEC 61511) erinnert fühlen. Auf diese Standards verweist die IEC 60079-28 auch ausdrücklich. Auf Grund der recht hohen Anforderungen für Soft- und Hardware existieren hier nur sehr wenige Produkte auf dem Markt.
Optisch eigensicher
Das Prinzip der inhärent sicheren optischen Strahlung „op is“ ist der elektrischen Eigensicherheit „Ex i“ sehr ähnlich. Es basiert auf der Begrenzung der optischen Energie in einem System, z. B. in einem Lichtwellenleiter, im normalen Betrieb und unter gewissen Fehlerbedingungen. So wird die zulässige optische Strahlungsleistung für den Einsatz in explosionsgefährdeten Bereichen der Zone 1 und der Explosionsgruppe IIB bei Temperaturklasse T4 auf maximal 35 mW begrenzt (siehe Tabelle). Daneben gibt es zusätzliche Anforderungen bei gepulster Strahlung die die Pulsdauer berücksichtigen. Anhang E der DIN EN 60079-28 Ed. 2 zeigt ein Flussdiagramm zur Bewertung von optischen Pulsen.
Alternativ kann auch die Bestrahlungsstärke ermittelt werden, als Quotient aus der abgestrahlten optischen Leistung in mW und der bestrahlten Fläche im mm². Die Zündschutzart „op is“ eignet sich besonders gut für Industrial Ethernet-Installationen, da Lichtwellenleiter damit dieselben Vorteile bieten, die von der elektrischen Eigensicherheit bereits bekannt sind. Insbesondere bringt die optische inhärente Sicherheit große Flexibilität mit sich, weil LWL damit während des Betriebs im explosionsgefährdeten Bereich verbunden und getrennt werden dürfen. So können Installations- und Wartungsarbeiten auch in Zone 1 so einfach wie in nicht explosionsgefährdeten Anlagen durchgeführt werden. Bei der Installation von „op is“ Lichtwellenleitern ist explizit zu beachten, dass eine Reduzierung der Querschnitte optischer Kabel, die in der Anlage verwendet werden, nicht zulässig ist. Damit könnte sich der Fokus eines Lichtstrahls reduzieren und die verfügbare Zündenergie unzulässig ansteigen. Ähnlich wie auch bei eigensicheren Stromkreisen gilt, dass die Verbindung mehrerer optischer Kabel so durchgeführt werden muss, dass keine zusätzliche Energie in die Lichtleiter eingebracht werden kann.
Sehr komfortabel handhaben lassen sich unter diesen Bedingungen unter anderem Bedien- und Beobachtungssysteme, die in mobilen Anwendungen und an ständig wechselnden Einsatzorten problemlos nach Bedarf angeschlossen und wieder entfernt werden können. Oder auch bei Remote I/O Installation in denen häufige Umbauten oder Erweiterungen vorkommen. Die Zündschutzart "op is“ ist auch die einfachste Lösung, um mit LWL bis in die Zone 0 vorzudringen. Alternativ ließe sich hierfür zwar auch „op sh“ mit „op pr“ kombinieren – was aber deutlich aufwändiger und weniger flexibel handhabbar ist.
Verfügbare Technik
Zur optisch eigensicheren Vernetzung sind spezielle optische Trennstufen erforderlich. Für den PROFIBUS DP wurden schon recht früh Produkte entwickelt, die auf dem Prinzip der inhärent sicheren optischen Strahlung beruhen. Erste Lösungen dieser Art brachte R. STAHL für das Remote I/O-System IS1 bereits Ende der 1990er Jahre auf den Markt. Nachfolgeprodukte erlauben sogar das Installieren eines optischen Ringes im explosionsgefährdeten Bereich und bieten zudem komfortable Diagnose- und Meldemöglichkeiten für Glasfaserbruch und Signalpegel.
Für Industrial Ethernet gibt es Lösungen, die sinnvollerweise über Medien-Konverter oder Switches realisiert sind. An einem optisch inhärent sicheren Ethernet kann beispielsweise die leistungsfähige Remote I/O-Lösung IS1+ in der Zone 1 verwendet werden, die sich bei vielen Anwendern in Profibus DP-Umgebungen bereits bewährt hat. Bislang war der Profibus DP einer der wenigen Feldbusse, der die für ein Remote I/O-System anfallenden Datenmengen in akzeptabler Zeit übertragen kann und mit dem auch größere Systemstrukturen kosteneffektiv konzipiert werden können. Zudem ist er in explosionsgeschützter Ausführung sowohl für Kupfer- als auch für Lichtwellenleiter-Kabel verfügbar. Mit dem Industrial Ethernet erschließen sich neue Möglichkeiten für eine noch schnellere und effektivere Signalübertragung. So kommuniziert das IS1+ System über verschiedene Realtime-Ethernet-Protokolle wie PROFINET, EtherNet/P oder Modbus TCP. Daneben sorgt OPC UA oder die klassische FDT/DTM Technologie für eine einfache Einbindung in Diagnose und Asset Management Systeme.
Fazit
Mit Ethernet in the Field wird Digitalisierung in den Anlagen der Prozessindustrie erst möglich. R. STAHL ist auch in Arbeitsgruppen wie dem APL Projekt aktiv an der Spezifikation und Geräteentwicklung von eigensicherem Ethernet (Ethernet-APL) beteiligt. Seit Jahren wird aber auch zunehmend mit Lichtwellenleitern installiert, da neben der Überbrückung großer Entfernungen eine deutlich bessere Störfestigkeit als mit Kupferkabeln gegeben ist. Ob Lichtwellenleiter mit „op is“ oder Kupferkabel für Ethernet-APL mit 2-WISE (2-Wire Intrinsically Safe Ethernet) – für den Anwender eröffnet sich eine umfangreiche Auswahl möglicher Optionen und Geräte, die er maßgeschneidert für seine Installation einsetzen kann.
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