Was Verwaltungsschalen in der Instandhaltung leisten

In der Ära von Industrie 4.0 bilden datenbasierte Prozesse das Fundament moderner Instandhaltungsstrategien. Besonders zwei Begriffe rücken dabei in den Fokus: vorausschauende Wartung und vorausschauende Instandhaltung. Auch wenn sie im Sprachgebrauch häufig synonym verwendet werden, unterscheiden sie sich deutlich – sowohl in ihrer Zielsetzung als auch im technischen Ansatz.

Ein entscheidender Faktor für den Erfolg beider Strategien ist die Verwaltungsschale (Asset Administration Shell, AAS) – der digitale Zwilling eines physischen Assets. In diesem Beitrag erfahren Sie mehr über die Unterschiede zwischen den beiden Konzepten und lernen, wie die AAS als zentrale Datenplattform beide Ansätze ermöglicht.

Begriffsdefinition: Wartung und Instandhaltung im Vergleich

Was ist vorausschauende Wartung?

Die vorausschauende Wartung – oft gleichgesetzt mit dem englischen Begriff Predictive Maintenance – zielt darauf ab, Wartungsmaßnahmen nicht nach festen Intervallen, sondern anhand von Zustandsdaten durchzuführen. Die Grundlage bilden Sensoren, Echtzeitdaten und Algorithmen, die Abweichungen oder Abnutzungen frühzeitig erkennen.

Und was ist vorausschauende Instandhaltung?

Die vorausschauende Instandhaltung hingegen verfolgt einen ganzheitlichen Ansatz: Sie umfasst nicht nur Wartungstätigkeiten, sondern auch Inspektion, Instandsetzung und Optimierung – stets auf Basis aktueller Zustandsinformationen.

Begriff

Fokus

Typische Maßnahmen

Vorausschauende Wartung

Konkrete, geplante Eingriffe auf Basis von Daten

Schmierung, Filterwechsel, Kalibrierungen

Vorausschauende Instandhaltung

Strategische Steuerung des gesamten Instandhaltungsprozesses

Inspektion, Reparatur, Komponententausch

Gemeinsamkeiten: Beide Methoden nutzen Sensordaten, KI-gestützte Auswertungen und digitale Tools mit dem Ziel, Ausfälle zu vermeiden, die Verfügbarkeit zu erhöhen und Kosten zu senken.

Die Verwaltungsschale als zentrale Plattform

Die Verwaltungsschale (AAS) ist das digitale Abbild eines physischen Assets – strukturiert, standardisiert und maschinenlesbar. Sie bildet die Grundlage für Interoperabilität zwischen Systemen und ermöglicht eine konsistente Datenverarbeitung über Hersteller- und Systemgrenzen hinweg.

Beitrag der Verwaltungsschale zur vorausschauenden Wartung

  • Zugriff auf Zustandsdaten: Temperatur, Vibrationen oder Laufzeiten werden über Submodelle wie „Operational Data“ strukturiert bereitgestellt – semantisch klar definiert, maschinenlesbar und interoperabel.
  • Einfache Datenintegration: Analysewerkzeuge oder KI-Modelle können über definierte Schnittstellen direkt auf relevante Informationen zugreifen – etwa auf technische Daten oder Nutzungsstatistiken.
  • Dokumentation und Ersatzteile: Die Verwaltungsschale kann Wartungshistorien, Anleitungen und Ersatzteillisten standardisiert integrieren und verfügbar machen.
  • Standardisierung für heterogene Maschinenparks: Durch die AAS lassen sich auch unterschiedlichste Maschinen in eine einheitliche Wartungsstrategie einbinden.

Verwaltungsschale im Kontext der vorausschauenden Instandhaltung

  • Lebenszyklusdaten im Blick: Die AAS hält den gesamten Verlauf eines Assets fest – von der Inbetriebnahme bis zu Ausfallanalysen oder Reparaturzyklen.
  • Entscheidungsunterstützung: Submodelle liefern Daten für die Bewertung von Ausfallwahrscheinlichkeiten, Verschleißentwicklungen und Wartungskosten.
  • Prozessautomatisierung: Vernetzung mit Systemen wie MES, ERP oder CMMS ermöglicht automatisierte Workflows – etwa für die Planung und Auslösung von Instandhaltungsmaßnahmen.
  • Industrie-4.0-Kommunikation: Dank offener Standards wie OPC UA wird eine durchgängige Kommunikation zwischen Anlagen, Systemen und Nutzern realisiert.

Praxisbeispiel: AAS im Einsatz bei einem Maschinenbauer

Ein mittelständisches Unternehmen, spezialisiert auf CNC-Bearbeitungszentren, implementiert eine vorausschauende Instandhaltungsstrategie. Ziel ist es, sowohl die eigene Produktion als auch die ausgelieferten Maschinen intelligenter zu betreiben.

So läuft die Umsetzung:

  • Sensorik & Datenerfassung: Vibrationssensoren an den Hauptspindeln liefern Daten über OPC UA an eine IIoT-Plattform.
  • Digitale Zwillinge für jede Maschine: Für jedes Asset wird eine eigene AAS erstellt – inklusive Submodelle für Betriebsdaten, Wartungsverlauf und Ersatzteillogistik.
  • Automatisierte Analyse: Die Plattform analysiert die über die AAS bereitgestellten Daten mithilfe von KI – bei Anomalien wird automatisch ein Instandhaltungsauftrag erstellt.
  • Nahtloser Serviceprozess: Servicetechniker greifen über mobile Endgeräte auf alle relevanten Daten zu – inklusive Anleitungen und Stücklisten.

Der Nutzen:

  • Reduktion ungeplanter Stillstände
  • Verkürzte Reparaturzeiten (MTTR)
  • Optimierte Ersatzteillogistik
  • Effizientere Wartungsplanung

Fazit: Die Verwaltungsschale als Rückgrat moderner Instandhaltung

Ob für punktgenaue Wartungseinsätze oder strategisch geplante Instandhaltungsmaßnahmen – ohne strukturierte, konsolidierte Datenbasis bleiben solche Ansätze ineffizient. Die Verwaltungsschale schafft hier die Grundlage für echte Interoperabilität und Automatisierung.

Vorteile der Verwaltungsschale auf einen Blick:

  • Einheitliche Datenhaltung über System- und Herstellergrenzen hinweg
  • Skalierbarkeit für Neu- und Bestandsanlagen
  • Integration mit IT-/OT-Systemen (z. B. ERP, CMMS)
  • Ermöglichung datenbasierter Entscheidungen auf allen Ebenen

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