Wissen aus der Praxis für die Praxis

Ob KI, Digitalisierung, Wasserstoff oder der reale Brandfall in einer Anlage – das Expertenforum von R. STAHL bot auch in diesem Jahr spannende Einblicke, kontroverse Diskussionen und geballtes Fachwissen zu aktuellen Entwicklungen. Dabei wurde Explosionsschutz nicht nur vermittelt – sondern erlebt: praxisnah, zukunftsorientiert und mit echtem Mehrwert für alle Teilnehmenden.

Wissen aus der Praxis für die Praxis auf dem R. STAHL Expertenforum

Explosionsschutz ist mehr als Technik – es geht um Verantwortung, Sicherheit und Vertrauen. Umso wichtiger sind eine fundierte Weiterbildung und der persönliche Austausch unter Fachleuten. Das Expertenforum von R. STAHL hat sich dabei als etablierte Veranstaltung bewährt, auf der aktuelle Entwicklungen, praxisnahe Lösungen und offene Diskussionen im Mittelpunkt stehen. Auch in diesem Jahr traf sich eine Vielzahl von Experten, um gemeinsam über Herausforderungen, Trends und Lösungsansätze zu diskutieren. Die Agenda war dabei so vielfältig wie relevant: Neben grundlegenden Problemstellungen wie Zündquellenüberwachung, Pipeline Inspektion und technische Lüftung in Ex-Bereichen, beschäftigte sich das Forum mit dem European Green Deal und die Auswirkungen auf den Maschinen- und Anlagenbau sowie den aktuellen Entwicklungen in der Normung. Großes Interesse weckten bei den Konferenzteilnehmern auch die aktuellen Trendthemen wie der sichere Umgang mit Wasserstoff, die Digitalisierung mit Ethernet-APL, dem Digitalen Produktpass (DPP) und den Zukunftsaussichten von künstlicher Intelligenz. Besonders aufmerksam verfolgten die Teilnehmer einen Praxisbericht zum Brand in einer Dissolver-Anlage.

European Green Deal – Kurswechsel in der EU-Politik

Holger Kunze vom VDMA European Office eröffnete das Expertenforum mit einer erfreulichen Botschaft: Die EU schlägt beim Green Deal eine neue Richtung ein. Nach fünf Jahren Fokus auf Klimaschutz und Digitalisierung rückt nun die Wettbewerbsfähigkeit stärker in den Vordergrund. Die Kommission will Industrie und Innovation gezielter fördern, Gesetze vereinfachen und Investitionen erleichtern. Nachhaltigkeit bleibt ein Ziel – jedoch wirtschaftlich tragfähiger gedacht, etwa durch die Verschiebung der Berichtspflichten oder den Aufbau eines Leitmarkts für grüne Technologien.

Wasserstoff bleibt ein zentraler Baustein für die Energiewende – doch der Weg dorthin ist technisch anspruchsvoll und noch lange nicht abgeschlossen. Deshalb widmete sich das Expertenforum in einem Themenblock dem Schwerpunkt „Wasserstoff“. Dabei wurde deutlich, dass die enge Zusammenarbeit von Herstellern, Betreibern und Behörden unerlässlich ist. 

Ganzheitlicher Explosionsschutz – mehr als nur elektrische Sicherheit

„Explosionsschutz muss umfassend gedacht werden“, erläuterte Prof. Sabrina Herbst von der Ernst-Abbe Hochschule Jena: Neben dem elektrischen Schutz rücken auch mechanische Maßnahmen und die Überwachung potenzieller Gefahren in den Fokus. Zentrale Elemente sind zündquellenfreie Bauteile, die Überwachung kritischer Parameter wie Temperatur, Druck oder Drehzahl sowie der gezielte Einsatz digitaler Technologien und künstlicher Intelligenz. Um die Betriebssicherheit dauerhaft zu gewährleisten, müssen Parameter klar definiert, kontinuierlich überwacht und in den betrieblichen Kontext integriert werden. Nur so lassen sich Explosionsrisiken frühzeitig erkennen und wirksam verhindern.

Ethernet-APL ermöglicht die einfache Versorgung und Kommunikation von Feldgeräten über ein einziges Ethernet-Kabel, das auch in explosionsgefährdeten Zonen eingesetzt werden kann. Utz Dette und Karl Büttner von Endress + Hauser wiesen in ihren Ausführungen allerdings darauf hin, dass die Kabelparameter entscheidend für den Eigensicherheitsnachweis sind. Nur zertifizierte Leitungen dürfen verwendet werden. Der Markt entwickelt sich dynamisch: Immer mehr Hersteller bieten APL-taugliche Komponenten an. Überspannungsschutz, Switch-Kompatibilität und neue Leistungsanforderungen bleiben wichtige Entwicklungsthemen.

Was gibt es Neues im Bereich der Normung?

Ein weiterer Themenschwerpunkt auf dem Expertenforum beschäftigte sich wie gewohnt mit aktuellen Entwicklungen im Bereich der Normung. Die internationale und europäische Normungsarbeit im Explosionsschutz steht vor zunehmenden Herausforderungen: Während neue Technologien wie Wasserstoffanwendungen, autonome Systeme und mobile Akkus in den Fokus rücken, steigt zugleich der Druck, regulatorische und technische Anforderungen stärker zu harmonisieren. Konflikte entstehen häufig zwischen politisch-juristischen Vorgaben und der praxisorientierten Ausarbeitung technischer Normen – etwa bei der Definition zündquellenfreier Geräte oder dem Einsatz neuer Schutzarten.

Parallel dazu bringt die neue DIN EN IEC 60079-14 (Edition 6) frischen Wind in die praktische Umsetzung elektrischer Anlagen in Ex-Bereichen. Die überarbeitete Norm setzt stärker auf Struktur, Klarheit und Flexibilität: Zahlreiche kleinere Änderungen sowie Erweiterungen verbessern die Anwendbarkeit – etwa bei der Kabelwahl, der Behandlung eigensicherer Stromkreise und dem Umgang mit Ex d-Durchführungen. Neu ist auch, dass dokumentierte Herstellerangaben bei der Zündschutzart „i“ Vorrang vor bisherigen Standardregeln haben.

Wie wichtig die korrekte Einhaltung von Normen und entsprechende Sicherheitsmaßnahmen sind, wurde im Vortrag von Axel Heuwinkel deutlich. Er veranschaulichte, wie eine Verkettung unglücklicher Umstände zu einem verheerenden Brand in einer Dissolver-Anlage führte. Ein nachträglich verlegter Fliesenboden hatte den Abstand zwischen einem Kessel und einem Rührwerk verringert, was zu einem mechanischen Schaden, Überhitzung und schließlich zur Entzündung des Mischguts führte. Auch wenn es keine Verletzten gab – die Sachschäden waren erheblich. In der Folge wurden umfangreiche Sicherheitsmaßnahmen eingeführt und eine lückenlose Dokumentation aller Anlagenänderungen etabliert.

Unternehmen unter Druck: Der Digitale Produktpass wird Pflicht

Roland Dunker, Head of Digital Services bei R. STAHL, informierte die Teilnehmer des Expertenforums über die EU-Verordnung zum Digitalen Produktpass (DPP), welche Teil des EU-Programms zur Kreislaufwirtschaft ist. Ziel ist es, Produkte umweltfreundlicher und transparenter zu machen, indem Unternehmen detaillierte Informationen zu Materialzusammensetzung, Umweltwirkungen und Recycling bereitstellen müssen – in einem digitalen, barrierefreien Format. Er appellierte an die Zuhörer sich frühzeitig auf die Umsetzung vorzubereiten, da die Nichteinhaltung zu Verkaufsverboten führen kann.

Ein zentrales Element des DPP ist das digitale Typenschild, das über QR- oder Data-Matrix-Codes Produktdaten bereitstellt. Es ermöglicht die einfache Identifikation, Nachverfolgbarkeit und einen besseren Informationsfluss entlang der Wertschöpfungskette. Die Datenstruktur basiert auf dem Standard IEC 63278/1 (Verwaltungsschale) für Industrie 4.0.

Weitere Vorteile sind:

  • Integration von Firmware-Updates.
  • Automatisierung von Wartungs- und Rücksendeprozessen.
  • Langfristige Verfügbarkeit der Daten durch Backups.

Insgesamt unterstützt der DPP Unternehmen bei der Digitalisierung, Nachhaltigkeit und Effizienzsteigerung.

Florian Güldner von der ARC Advisory Group beleuchtete die Herausforderungen bei der Einführung von Künstlicher Intelligenz (KI) in der Industrie, insbesondere in der Produktion und Fertigung. Dabei betont er, dass KI nur ein Teilaspekt eines komplexen technischen Gesamtsystems ist. Voraussetzung für ihren sinnvollen Einsatz sind eine geeignete Dateninfrastruktur, Softwaremodelle und umfassende Prozesskenntnisse.

Fazit

Explosionsschutz ist nicht nur Technik, sondern erfordert ein ganzheitliches Verständnis für Sicherheit, Verantwortung und nachhaltige Innovationen. Deshalb dient das R. STAHL Expertenforum regelmäßig als Plattform für wertvolle Impulse, vernetztes Fachwissen und schafft Raum für vorausschauende Lösungen.

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