Vorzeigeprojekt für das Nationale Wasserstoffzentrum in Spanien
Grüner Wasserstoff wird wohl über kurz oder lang zum wichtigsten Energieträger werden. Dieser Trend birgt Chancen für Technik-Anbieter, die bereit sind, sich mit den Besonderheiten von Wasserstoff auseinanderzusetzen. Einer der „Early Birds“ ist Hiperbaric. Dem spanischen Anbieter von Hochdrucktechnik, der bislang vor allem die Lebensmittelindustrie belieferte, gelang ein wegweisendes Wasserstoffprojekt. Mit Unterstützung durch R. STAHL entwickelte das Unternehmen in einem Vorzeigeprojekt eine umfassende Wasserstoff-Kompressorstation für das spanische Nationale Wasserstoffzentrum CNH2.
Spanische Hochdruckexperten erobern den Wasserstoff-Markt
Schon seit über 20 Jahren ist Hiperbaric in der Hochdrucktechnik zu Hause. Mit der HPP (High Pressure Processing) -Technik des spanischen Maschinenbauers gelingt es, Lebensmittel und Getränke haltbar zu machen, ohne sie hohen Temperaturen oder Chemikalien auszusetzen. In diesem Sektor erarbeitete sich das Unternehmen mit Hauptsitz im nordspanischen Burgos einen Ruf als Markt- und Technologieführer.
Doch man sollte sich nie auf dem Erreichten ausruhen. Oscar Garcia, Techniker für Vertrieb und Marketing bei Hiperbaric, berichtet über die Entwicklung, die vor sieben Jahren begann: „Unsere F&E-Abteilung begann damit, darüber nachzudenken, wie unsere Kompetenz für sehr hohe Drucke, die wir bisher für das Medium Wasser einsetzten, in anderen Anwendungsbereichen nutzbar sein könnte.“ Eines der Projekte zielte auf das sogenannte Heiß-Isostatische Pressen (HIP) ab, bei dem Metall- oder Keramikteile mit Argon bei hohem Druck und hohen Temperaturen bearbeitet werden. Inzwischen vermarktet Hiperbaric die Ausrüstung für diesen Prozess bereits seit vier Jahren.
Hochdruck-Expertise für Zukunftsmarkt Wasserstoff
Einer der vielversprechendsten Sektoren, in denen eine Flüssigkeit unter sehr hohem Druck benötigt wird, ist aber sicherlich die Verdichtung von Wasserstoff. Dieser Zukunftsmarkt stand daher für die Entwickler von Hiperbaric schon bald im Fokus. Internationale Experten sind überzeugt, dass das Gas mit der Abkehr von fossilen Brennstoffen einer der Energieträger der Zukunft werden wird. Erzeugt man Wasserstoff mit Hilfe von grüner Energie durch Elektrolyse von Wasser, kann er als Energiespeicher für überschüssige Wind- und Solarenergie genutzt werden. Vor allem in Gasform ist es möglich, ihn in Lagerbehälter zu füllen und über Pipelines zu transportieren. Mit Hilfe von Brennstoffzellen, sozusagen die Umkehrung der Elektrolyse, wird aus ihm wieder elektrische Energie zurückgewonnen – zu dem Zeitpunkt und an dem Ort, an dem sie benötigt wird.
Alle Prognosen deuten darauf hin: Ein wichtiges Einsatzfeld für Wasserstoff wird in Zukunft die Versorgung von Brennstoffzellen in Fahrzeugen, Schiffen und sogar Flugzeugen sein. Die ersten Wasserstoff-Autos, -Lkws und -Busse sind bereits auf den Straßen Europas unterwegs. Sie wollen betankt werden – und dazu ist Druck nötig, je nach zu betankendem Fahrzeug zwischen 350 (Nutzfahrzeuge) und 700 bar (Pkw). Tankstellen erhalten den Wasserstoff im gasförmigen Aggregatzustand und komprimieren ihn zusätzlich bei der Betankung. Daran will Hiperbaric partizipieren. Luis Ángel Ramos, Leiter der Abteilung Elektrotechnik bei Hiperbaric sagt: „Durch unsere Erfahrung mit verschiedenen Flüssigkeiten unter Druck hatten wir die Kompetenz, unsere Wasserstoffkompressionstechnik zu entwickeln.“
Vorzeigeprojekt für das Nationale Wasserstoffzentrum
Ein herausragendes Wasserstoff-Projekt von Hiperbaric entwickelte sich aus der Zusammenarbeit mit dem spanischen Nationalen Wasserstoffzentrum CNH2. Ziel war eine komplette Hochdruck-Wasserstoffkompressionslösung zur Betankung der neusten Generation von Brennstoffzellenfahrzeugen, die an einer neuen Wasserstoffanlage (in Puertollano) im Süden Spaniens eingesetzt werden sollte. Als Demonstrationsprojekt für die Bereitstellung von Wasserstoff-Betankungsdiensten für Pkws hat es einen besonders hohen Stellenwert, sowohl für Hiperbaric als auch für seinen Kunden. Hiperbaric entwickelte dazu einen Wasserstoffkompressor, der Wasserstofftanks mit einem Druck von bis zu 1000 bar befüllen kann. „Ziel des Projekts ist es, die Wasserstoffwirtschaft sichtbar zu machen und zum Ausbau der Infrastruktur für die Bereitstellung von Wasserstoff mit höherem Druck beizutragen. Dabei liegt der Fokus auf der Mobilität von Leichtfahrzeugen“, erläutert Luis Ángel Ramos.
In vielem glichen die Herausforderungen bei der Entwicklung der Wasserstoffkompressionslösung denen, die Hiperbaric schon seit Jahren bei seinen Food-Projekten zu meistern hatte. So war etwa auch in diesem Fall hohe Effizienz gefragt, um die Betriebskosten gering zu halten. „Wir hatten aber auch besondere Anforderungen zu erfüllen, die mit den spezifischen Eigenschaften von Wasserstoff zu tun haben“, erinnert sich Luis Ángel Ramos, „insbesondere die Vermeidung von übermäßigem Wärmeentzug sowie ein besonders hohes Sicherheitslevel, um einen sicheren Betrieb für Mensch, Material und Umwelt zu gewährleisten.“
Ölfreier Wasserstoff auch nach der Verdichtung
Neben der komfortablen Bedienbarkeit war es gerade die maximale Sicherheit, auf die CNH2 besonderen Wert legte. Hiperbaric konnte dies überzeugend umsetzen. „Die wichtigsten Komponenten der Kompressoreinheit sind der Hochdruckvervielfacher, der über verschiedene Abschnitte zur Durchführung der Verdichtung verfügt, sowie verschiedene Systeme, die die Einheiten sicher, effizient und zuverlässig machen. Eines der Hauptmerkmale dieser Einheit ist, dass sie dank des Verzichts auf Ölschmierung eine maximale Wasserstoffreinheit bewahrt“, so die technischen Erläuterungen anlässlich der Hydrogen Technology Expo in Deutschland und der französischen Messe Hyvolution im Jahr 2021, bei denen Hiperbaric seine Wasserstoffkompressionstechnologie für nachhaltige Mobilität erstmals dem internationalen Fachpublikum vorstellte.
Explosionsschutz-Expertise vom Marktführer
In Sachen Sicherheit nutzten die spanischen Entwickler die Ex-Schutz-Expertise des international tätigen Unternehmens R. STAHL mit Hauptsitz in Deutschland. „Wir haben uns für R. STAHL entschieden, weil es ein weltweit führender Anbieter von ATEX-Lösungen ist und viel Erfahrung in ähnlichen Projekten hat, in denen der Explosionsschutz gewährleistet werden muss“, sagt Luis Ángel Ramos, und fügt hinzu: „Und natürlich, weil Hiperbaric einen Partner suchte, der uns bei der Entwicklung unserer Lösung helfen kann und nicht nur ein ‚einfacher‘ Lieferant ist.“ Zusammen mit den Experten von R. STAHL arbeiteten die Hiperbaric-Entwickler im Rahmen dieses ersten gemeinsamen Projekts an drei verschiedenen, sich ergänzenden Systemen:
- eine Steuerung 8150/5, Zone 1, ATEX für dezentrale E/A 1718 (bereitgestellt von Rockwell)
- ein Bedienfeld 7145/5, Zone 2, ATEX für die HMI
- eine explosionssichere Steuereinheit bestehend aus:
- 1 Ex d-Gehäuse 8264/-995-3.. 0 (730 x 730 x330)
- 1 Ex d-Gehäuse 8264/-935-3.. 0 (730 x 480 x330)
- 1 Ex e-Gehäuse 8150/5-E-0730-0480-330-1111
- 1 Ex e-Gehäuse 8150/5-E-0480-0360-330-1111
Auch diverse R. STAHL Isolationsmodule wurden in den Steuerungen installiert. (z.B. Relais-Modul IS 9270/11-16-14s Ref. 9270A; Binärausgang IS 9275/10-24-48-11s Ref. 9275B; Transmitter-Versorgungseinheit IS 9260/23-11-10s SIL Ref. 9260B). Jedes der Teile ist gemäß der europäischen ATEX-Richtlinie zertifiziert.
Der Hauptschaltschrank wurde für den Betrieb in der ATEX Zone 1 vorbereitet. Dazu wurde eine physische Trennung zwischen dem Wasserstoffkreislauf und der Verdichtungsanlage sowie der Hydraulikanlage und den Schaltschränken vorgenommen. Ein Belüftungssystem erneuert kontinuierlich die Luft in der Anlage, um eine kritische Wasserstoffkonzentration in der Verdichtergruppe zu vermeiden. Dies wird mithilfe diverser Messgeräte zur Erkennung von Lecks sichergestellt.
Nicht eingesetzt wurde im Rahmen des CNH2-Projekts das Remote-I/O-System IS1+ für den Ex-Bereich. „In weiteren gemeinsam mit R. STAHL entwickelten Projekten haben wir es verwendet“, berichtet Luis Ángel Ramos, der das System aufgrund der dabei gesammelten Erfahrungen hervorheben möchte. Ihn haben die gelieferten Komponenten sowie die entstandene Gesamtlösung und der technische Service durch die Ex-Schutz-Experten sehr zufriedengestellt. Daher wurde die Zusammenarbeit in den folgenden Wasserstoff-Projekten von Hiperbaric fortgesetzt.
Komprimierter Wasserstoff für Pkws…
Inzwischen wurde der Wasserstoffkompressor inklusive aller Steuer- und Bedieneinheiten als 20-Fuß-Standardcontainer an den künftigen Betriebsstandort geliefert. Sobald dort auch die Elektrolyseure in Betrieb gehen, wird die 1000-bar-Hochdrucklösung den produzierten Wasserstoff so verdichten, dass damit 100 Pkw-Tanks täglich befüllt werden können. Weniger hochkomprimiert wird der Wasserstoff, wenn Fahrzeuge des Schwerlastverkehrs betankt werden. Dazu bietet Hiperbaric ein Kompressorenmodell, das bis zu 500 bar erreicht.
…und die gesamte Wertschöpfungskette
Als erster spanischer Hersteller von Wasserstoff-Kompressoren wird Hiperbaric mit Sicherheit vom Ausbau der Wasserstoffinfrastruktur in Spanien und darüber hinaus profitieren. Auf den jeweiligen Einsatzfall abgestimmte Verdichtungslösungen können an vielen Stellen der Wasserstoff-Wertschöpfungskette zum Einsatz kommen. Damit leistet das Unternehmen einen wertvollen Beitrag beim Ersatz von fossilen Brennstoffen durch nachhaltige, grüne Energieträger. Für Sicherheit der Hochdruck-Wasserstofftechnologie sorgt dabei weiterhin die enge Zusammenarbeit mit den Ex-Schutz-Experten von R. STAHL.