Geräteplattform Shark sorgt für praxisnahe Ex-Schutz-Ausbildung im Chemiepark Marl
Spaß an der Ausbildung und dabei noch die Sicherheit von explosionsgefährdeten Anlagen erhöhen? Wie beides gelingt, lässt sich im modernisierten Ausbildungszentrum von Evonik beobachten, das mit zahlreichen Komponenten von R. STAHL ausgestattet wurde.
Praxisnahe Ausbildung bei Evonik
Der sichere Umgang mit explosionsgefährdeten Anlagen will gelernt sein und damit beginnt man am besten so früh wie möglich. Im Ausbildungszentrum am Evonik-Standort Marl lernen 750 Auszubildende in zwölf Berufen alles darüber, wie Großchemieanlagen im Chemiepark sicher betrieben werden. Darunter sind 400 Chemikanten, an deren zukünftigem Arbeitsplatz der Explosionsschutz eine besondere Rolle einnimmt. „Wir bilden betriebsnah und praxisorientiert aus und sind damit quasi die Fahrschule für den Chemiepark“, erklärt Rainer Steinkamp, Ausbilder bei Evonik. „Wir produzieren reale Chemieprodukte mit den gleichen Verfahren, wie sie auch später im Chemiepark angewendet werden. Das bedeutet, die Stoffe können z. B. ätzend oder eben auch explosiv sein.“
Aus diesem Grund besteht die Ausbildung bei Evonik nicht nur aus Wissensvermittlung in der Berufsschule und im Produktionsbetrieb, sondern ein großer Schwerpunkt liegt auf dem Theorie-Praxistransfer im Ausbildungszentrum. Im Übrigen müssen sich alle Auszubildenen, nicht nur angehende Chemikanten und Elektroniker, mit dem Thema Explosionsschutz beschäftigen. Schließlich gibt es hier im Chemiepark in so gut wie jeder Anlage einen Ex-Bereich. Im Produktionstechnikum lernen die Auszubildenden mit realen Komponenten, wie elektrischer Explosionsschutz funktioniert und wie mit Feuerscheinen und Freigaben umgegangen wird. In den vergangenen Jahrzehnten wurde die Ausbildung dahingehend immer wieder modernisiert. Heute starten die Auszubildenden zunächst im Labor und wechseln danach – wie bei einem Scale-up – zu größeren Anlagen. Mit jedem Ausbildungsjahr werden die Anlagen und damit auch die Mengen größer, so dass gegen Ende der Ausbildung bereits mit Anlagen gearbeitet wird, welche kleinen Produktionsanlagen entsprechen. An rund 70 Anlagen werden nicht nur Auszubildende der Evonik geschult, sondern auch Auszubildende anderer Gesellschaften, die im Chemiepark Marl in der umliegenden Region ansässig sind.
Wie im richtigen Leben
Und so wie in den Produktionsbetrieben die Digitalisierung Einzug erhalten hat, hat sich auch das Ausbildungszentrum verändert. Während in den 1970er und 80er Jahren noch pneumatischen Aktoren und Sensoren vorherrschten, geht der Trend heute in Richtung digitaler Prozessunterstützung. Im September 2021 wurde daher ein Großteil der Anlagen im Ausbildungszentrum komplett umgestaltet und den neuen Herausforderungen der Arbeitswelt angepasst. Viel Zeit blieb dafür nicht: Kurz nach der letzten Abschlussprüfung im Juni an den alten Anlagen begann der Umbau. Nach acht Wochen – pünktlich zum Start des neuen Ausbildungsjahrs – waren die Arbeiten abgeschlossen.
Bereits im ersten und zweiten Jahr lernen die Auszubildenden die Schutzvorschriften, Gesetze, Normen und Verordnungen und auch den praktischen Umgang mit dem Ex-Schutz kennen. Es wird bereits unter Ex-Bedingungen gearbeitet und im kleinen Maßstab produziert. Im dritten und vierten Jahr haben die Auszubildenden sehr oft Kontakt mit Betriebsbereichen, die vollständig dem Explosionsschutz unterlieben. Spätestens ab diesem Zeitpunkt ist das Arbeiten in Zone 2, 1 und sogar 0 häufig oder sogar alltäglich.
Schon vor der Modernisierung gehörten Geräte von R. STAHL fest zur Ausrüstung. Auf Grund der guten Erfahrungen sind auch jetzt unterschiedlichste Komponenten von R. STAHL zu finden. Das Waldenburger Unternehmen lieferte quasi die gesamte Ex-Hardware, u.a. Bildschirme des Typs Shark, Remote I/O, Beleuchtungslösungen inklusive energiesparende LEDs, Ex-Tastaturen und Ex-Mäuse, aber auch Motorschutz- und Sicherheitsschalter sind hier vorhanden. „Der Vorteil von R. STAHL ist, dass sie den kompletten Warenkorb für den Ex-Schutz anbieten und die Komponenten kompatibel sind. Wir hatten dadurch vielfältige Möglichkeiten, unser Technikum ähnlich wie im Chemiepark zu gestalten“, erklärt das Ausbilderteam. Gleichzeitig waren damit kompaktere Lösungen möglich, weil zum Beispiel mehrere Komponenten in einem Gehäuse untergebracht werden konnten und somit auch die Verkabelung drastisch reduziert wurde.
Den Betriebsalltag erleben
Ein weiteres Highlight der Shark-Bildschirme ist, dass diese sich auf ein zweites Netzwerk umschalten lassen, so dass die Auszubildenden über den Shark-HMI zum einen das Prozessleitsystem betreuen und die Anlagen bedienen und zum anderen neben Office-Anwendungen auch die Evonik-Tools nutzen können. Das bietet aus Sicht der Ausbilder fantastische Möglichkeiten. Es entsteht eine neue Lernwelt – etwa etwa, wenn Produktionssequenzen dargestellt werden, die zum besseren Verständnis innerhalb des Arbeitsprozesses zur Verdeutlichung komplexer Verfahrensschritte in neu geöffneten Fenstern abgerufen werden können.
Mittlerweile werden im Ausbildungszentrum 34 Bildschirme des Typs Shark in verschiedenen Ausführungen, von der Panel PC-Version über Thin Clients bis zur Stand-alone-Lösung eingesetzt. Der Trend geht eindeutig zur Thin Client-Variante. Diese unterstützt einen Dual-Screen-Betrieb mit Dual-Touchbedienung, so dass auch bei extrem vielen Datenpunkten zahlreiche Prozessbilder zu allen relevanten Abläufen bei voller Funktion der Bedienstation im Blick bleiben können. Die Darstellung passt sich fließend allen Displaygrößen und Displayauflösungen an. „Diese Variante, bei der es einen zentralen Server gibt und eine abgespeckte Version im Feld, finden wir ja auch im echten Produktionsalltag“, so die Erfahrung von Auszubildenden. Eine weitere Eigenschaft wird von den Ausbildern hervorgehoben: die Robustheit und die lange Lebensdauer der Shark-Familie. Schließlich geht man auch im Ausbildungszentrum von einer Einsatzdauer von vielen Jahren aus, die für Komponenten in Chemieanlagen üblich ist.
Und auch sonst gelten für die Shark-Geräteplattform die gleichen rauen Umgebungsbedingungen. Die Geräte sind schock-, vibrations-, seewasserfest und salznebelbeständig, haben die Schutzart IP66 und funktionieren dank integrierter Heizung und innovativem Kühlkonzept bzw. Wärmeableitkonzept bei Temperaturen von -40 °C bis +65 °C. Das Display und weitere Funktionstasten befinden sich hinter einer chemisch gehärteten, reflexfreien Glasscheibe. Nicht alle diese Eigenschaften werden im Ausbildungsbetrieb benötigt. Dennoch hat sich die Ausstattung bewährt. „Man merkt den Shark-Geräten an, dass sie ursprünglich für die Bohrinsel gebaut wurden. Man darf nicht unterschätzen, dass jeden Tag ganz unterschiedliche Leute mit den Systemen arbeiten. Dennoch funktionieren die Geräteplattformen einwandfrei und arbeiten stabil. Die R. STAHL-Komponenten sind diesbezüglich wirklich azubikonform“, grinst Steinkamp. „Allerdings spüren unsere Auszubildenen die hohe Qualität und gehen mit den Komponenten entsprechend sensibel um.“
Explosionsgeschützte Remote I/O-Systeme von R. STAHL werden seit 30 Jahren für die unterschiedlichsten Anwendungen der Prozessautomatisierung in Zone 1 und Zone 2 sowie in Division 1 und Division 2 eingesetzt. Die kompakten Stationen eignen sich für bis zu 120 Signale. Zudem können Pneumatik und Remote I/O in einem Schaltschrank kombiniert werden. Geschätzt werden sie überdies wegen ihrer langen Lebensdauer von mehr als 15 Jahren bei Einsatz in einem weiten Temperaturbereich. Durch Ethernet-Schnittstellen sind die Systeme für die Zukunft gerüstet. Im Übrigen lassen sie sich wie in der realen Anlagenwelt der Großchemie auch redundant auslegen. Daher setzte man auch in der Evonik-Ausbildung auf die IS1+-Systeme. Die Remote I/Os für die Ausbildung wurden zusätzlich mit Sichtfenster ausgestattet, um den Auszubildenden einen Einblick in die Technik der Datenverarbeitung zu ermöglichen.
Fazit und Ausblick
Die chemische Industrie steht immer im Fokus der Öffentlichkeit, dies gilt für den Umweltschutz im Besonderen aber eben auch für den Ex-Schutz. Der monetäre Aufwand für die Digitalisierung des Ausbildungstechnikums mit Unterstützung von R. STAHL war sehr hoch. Von diesem Invest profitiert der Chemiepark jedoch in hohem Maße, da die Ausbildung für die am Produktionsprozess beteiligten Berufe nun „am Puls der Zeit“ ist.
Ziel der Ausbildung ist es, dass die Ausgelernten Verantwortung in den zahlreichen komplexen Produktionsbetrieben im Chemiepark Marl übernehmen können. Fest steht: Nach ihrer Zeit im Ausbildungszentrum sind die Auszubildenden optimal für den Umgang mit dem Explosionsschutz im realen Betrieb vorbereitet. Zusätzlich bietet das Ausbildungszentrum für Schulungszwecke innerhalb der Evonik nach der Modernisierung ebenfalls hervorragende Möglichkeiten.