Ex Hydrogen Elektrolyse R. STAHL

Elektrolyse braucht Explosionsschutz nach Maß

Dank bester Expertise: Sichere Elektrolyse

Grünem Wasserstoff gehört die Zukunft. Doch bis es soweit ist, müssen zunächst die Elektrolysekapazitäten massiv gesteigert werden. Damit das Scale-up gelingt, sind nicht nur modulare Anlagenkonzepte gefragt, sondern auch individuelle Lösungen im Explosionsschutz der eingesetzten Automatisierungs- und Elektrotechnik. Eine solche hat R. STAHL für einen Hersteller von Elektrolyseuren aus dem eigenen Geräteportfolio entwickelt.

Elektrolyse

Der Bedarf ist gigantisch: Alleine in der Europäischen Union sollen bis 2030 jährlich 10 Millionen Tonnen Wasserstoff aus erneuerbaren Energien erzeugt werden – so sieht es der Plan REPowerEU der EU-Kommission vor. Und nahezu alle großen Industrienationen der Welt haben eigene Wasserstoffstrategien verabschiedet. Eine Schlüsselrolle spielen dabei Elektrolyseure: Mit ihnen wird grüner Wasserstoff aus erneuerbar erzeugtem Strom und Wasser hergestellt. Obwohl derzeit in aller Munde, ist die tatsächliche Kapazität der aktuell installierten Wasserstoff-Elektrolyseure im Hinblick auf den Bedarf noch homöopathisch: Einer aktuellen Elektrolysekapazität von rund 0,2 Gigawatt weltweit steht bis 2030 ein Bedarf von 40 Gigawatt gegenüber – und diese soll einer Studie von Aurora Energy Research zufolge bis 2040 sogar auf 213 GW wachsen.

Abnehmer für den Wasserstoff finden sich in vielen Bereichen der Wirtschaft, allen voran Segmente, die sich ohne Wasserstoff kaum dekarbonisieren lassen: die Stahl- und Zementindustrie genauso wie die Chemie. Doch es geht längst nicht nur um den Einsatz als Rohstoff und Energiegas. Im Rahmen der Sektorenkopplung dient grüner Wasserstoff auch als Energiespeicher für überschüssigen Strom aus Windkraft oder Solaranlagen: als Gas oder umgewandelt zu Ammoniak oder synthetischen Kohlenwasserstoffen.

Zu den zahlreichen Elektrolyseverfahren zählt neben der bislang am weitesten verbreiteten Alkalielektrolyse auch die noch relativ junge Protonen-Austauschmembran-Elektrolyse, PEM. Deren entscheidender Vorteil ist, dass sie innerhalb von Sekunden auf Vollastbetrieb gefahren werden kann – ein Merkmal, das angesichts stark schwankender Mengen an Wind- und Solarstrom immer wichtiger wird. Bei der PEM ermöglicht eine spezielle Membran den Durchgang von positiv geladenen Wasserstoff-Atomen (Protonen), die an der Anode entstehen, und die durch die Membran hindurch zur Kathode wandern. An der Kathode nehmen die Protonen Elektronen auf und verbinden sich zu Wasserstoffmolekülen.

Sicherheitstechnisch relevant ist dabei die Trennung zwischen Kathoden- und Anodenraum sowie von der Umgebungsluft – denn aus der Anlage austretender Wasserstoff bildet mit Sauerstoff aus der Umgebungsluft oder aus dem Anodenraum ein äußerst explosionsfähiges Gemisch.

Explosionsschutz in Wasserstoff-Anlagen

Eine Besonderheit von Wasserstoff gegenüber anderen brennbaren Gasen ist der sehr breite Explosionsbereich: Explosionsfähig sind Gemische mit einem Gehalt zwischen 4 und 77 Volumenprozent – und bei Wasserstoff-Explosionen breiten sich die Flammen sehr schnell aus. Dazu kommt, dass nur wenig Energie notwendig ist, um ein Wasserstoff-Luft-Gemisch zu zünden: Mit 0,02 mJ ist die Zündenergie um den Faktor 15 niedriger als die von Methan. Auch deshalb ist Wasserstoff der gefährlichsten Zündgruppe (IIC) zugeordnet. Dass Explosionen mit Wasserstoff dennoch relativ selten sind, liegt nicht zuletzt auch an den umfangreichen Erfahrungen in der (petro-) chemischen Industrie beim Umgang mit dem Gas. Voraussetzung ist allerdings die Einhaltung der einschlägigen Sicherheitsnormen im Explosionsschutz, darunter IEC 60079 und IEC80079 sowie der speziellen Anforderungen an den Bau und Betrieb von Elektrolyseanlagen, die in ISO 22734 beschrieben sind.

Neben der Dichtigkeit der Anlage (primärer Explosionsschutz) spielt die Vermeidung von Zündquellen (sekundärer Explosionsschutz) eine wichtige Rolle. Entscheidend ist hier die aus der Risikoanalyse resultierende Zoneneinteilung, bei der die Zone 0 Bereiche kennzeichnet, in denen explosionsfähige Atmosphären über lange Zeit auftreten oder häufig vorhanden sind, während in Zone 2 im Normalbetrieb nur selten und auch nur für kurze Zeit Ex-Atmosphären auftreten. Dies lässt sich in Elektrolyseanlagen beispielsweise durch eine Zwangslüftung vermeiden.

PEM-Elektrolyse für die Düngerproduktion

Damit der Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft gelingen kann, ist eine Massenfertigung der Elektrolyseure notwendig. Dabei setzen die Hersteller auf einen modularen Aufbau und erreichen große Kapazitäten durch das Aneinanderreihen einzelner Module. Für einen bedeutenden Hersteller von Elektrolyseuren auf Basis von PEM hat R. STAHL in einem Projekt zur Herstellung von Wasserstoff für die Düngerproduktion alle Komponenten des Elektrolyseurs auf potenzielle Zündquellen überprüft und den Explosionsschutz für die elektrischen Betriebsmittel realisiert. Mit einer Elektrolysekapazität von 24 Megawatt, basierend auf 12 Elektrolysemodulen, wird die Anlage künftig grünen Wasserstoff für die Produktion von 20.500 Tonnen Ammoniak pro Jahr liefern. Diese werden wiederum zur Herstellung von rund 80.000 Tonnen umweltfreundlichem Dünger verwendet werden. Im Vergleich zur klassischen Produktion auf Basis von Erdgas spart das neue Verfahren jährlich etwa 41.000 Tonnen Kohlendioxid-Emissionen.

Aufgrund der hohen Wasserstoff-Konzentration in den Elektrolyseanlagen ist die nähere Umgebung der Anlage als Ex-Zone 2 IIC T1 klassifiziert: Explosionsfähige Atmosphäre kann selten und kurzzeitig auftreten, aufgrund des Explosionsverhaltens von Wasserstoff fällt dieser in die höchste Gasgruppe (IIC) und die maximal zulässige Oberflächentemperatur beträgt gemäß T1 lediglich 450 °C. Die im Ex-Bereich eingesetzte Technik muss entsprechend sicher ausgeführt sein.

Besonderes Augenmerk lag bei der elektrischen Ausrüstung darauf, eine möglichst gut skalierbare und aufgrund der beengten Platzverhältnisse auch kompakte Lösung zu entwickeln, mit der gleichzeitig ganzheitliche Sicherheit im Betrieb sowie bei der Signalübertragung und den elektrischen Verbindungen für den gesamten Lebenszyklus der Anlage erreicht wird. So muss beispielsweise dafür gesorgt werden, dass die in der Anlage verbauten Sensoren ihre Informationen sicher an die im Nicht-Ex-Bereich installierte Steuerung übermitteln. Besonders wichtig ist dabei die Überwachung der zur Elektrolyse benötigten Gleichspannung – eine von zahlreichen Besonderheiten des Anlagenherstellers, die von den Projektbeteiligten auf der Seite von R. STAHL Verständnis und aufmerksames Zuhören erforderte.

Standard-Komponenten individuell konfiguriert

Gelöst wurde die Aufgabe unter anderem durch den Einsatz von ISpac-Trennstufen, die eine „Sicherheitsschleuse“ zwischen den elektronischen Signalen auf der Steuerungsseite und den eigensicheren (Ex i) Signalen auf der Sensorseite dienen und diese galvanisch voneinander trennen. Alle Netz- und Steuerleitungen des Elektrolyseurs laufen in Klemmkästen zusammen. Im konkreten Projekt kommen knapp 100 Ex-e-Klemmkästen der Reihe 8150 aus Edelstahl zum Einsatz, die besonders widerstandsfähig sind. Ausgeführt in der Schutzart IP 66 halten die staubdichten Gehäuse auch starkem Strahlwasser stand. Die im Gehäusedeckel verwendete Silikondichtung ist für extreme Temperaturbereiche geeignet.

Und schließlich müssen die vor Ort in der Anlage installierten Bedien- und Meldegeräte, darunter Schalter oder Not-Aus-Taster den Anforderungen an den Explosionsschutz genügen. Im konkreten Fall wurden Befehls- und Meldegeräte der Reihe 8040 von R. STAHL gewählt: Diese sind besonders flexibel und können mit unterschiedlichen Bedienelementen bestellt werden.

Dass R. STAHL neben diesen Kernkomponenten auch weiteres Material für den Einsatz im Ex-Bereich liefern kann – darunter insbesondere Remote I/O, Geräte zur unterbrechungsfreien Stromversorgung (USV) sowie lichttechnische Ausrüstung – spielte für den Kunden bei der Auswahl des Ex-Schutz-Partners ebenfalls eine Rolle. Weil es in Elektrolyseprojekten auch auf die Lieferfähigkeit und -geschwindigkeit ankommt, ist der Aufbau individueller Lösungen aus Standardkomponenten entscheidend. Andernfalls wird eine aufwändige Ex-Zertifizierung der Lösung notwendig. Weil R. STAHL über ein umfangreiches Programm an Geräten und Lösungen verfügt, die auch für den Einsatz in Wasserstoff-Anwendungen zertifiziert sind, steht auch der Weiterentwicklung individueller Lösungen für künftige Designs der Wasserstoff-Elektrolyseure nichts im Wege.