Damit der Funke nicht überspringt
Treten brennbare Stoffe, Sauerstoff und eine Zündquelle simultan auf, kann dies zu einer Explosion führen. Die Zündschutzart Eigensicherheit soll genau das verhindern, indem dem explosiven Dreiergespann eine der Komponenten entzogen wird. In einem eigensicheren Stromkreis wird die Energiemenge auf ein nicht-zündfähiges Maß reduziert und somit die Zündquelle, in Form von Funken und thermischen Effekten, ausgeschlossen. Dadurch kann im ungestörten Betrieb, oder je nach Schutzniveau auch unter Fehlerbedingungen, eine Zündung verhindert werden.
Vor über 50 Jahren kamen die ersten eigensicheren Feldgeräte und die dazugehörigen Sicherheitsbarrieren zum Einsatz. Die Vielfalt und Bandbreite der Anwendungen nahm über die Jahre kontinuierlich zu. Mittlerweile ist die Schutzart Eigensicherheit (Ex i) weit verbreitet und aus dem Explosionsschutz nicht mehr wegzudenken. Die Zündschutzart deckt eine große Bandbreite an Applikationen ab und kommt heute von der einfachen Punkt-zu-Punkt-Verdrahtung bis zur digitalen Automatisierung auf Industrie 4.0-Niveau zum Einsatz. Ex i-geschützte Lösungen erlauben die direkte Prozessdatenerfassung im Ex-Bereich, verringern den Installationsaufwand und können im laufenden Betrieb geprüft und gewartet werden.
Seit Jahren sind eigensichere Feldbus-Ausführungen, vor allem zur Vernetzung von Remote I/O, Bedienterminals und Analysegeräte, in Betrieb. Auch für die digitale Kommunikation bis zum Feldgerät haben sich Ex i-geschützte Feldbusinstallationen mit PROFIBUS PA oder Foundation Fieldbus H1 etabliert. Selbst vor der Funktechnik machte die Entwicklung nicht Halt – hier erlaubt die Eigensicherheit den flexiblen Einsatz von Antennen. Aktuell geht die Entwicklung in Richtung eigensicherer Lösungen für Industrial Ethernet. Um die Entwicklung international akzeptierter eigensicherer Ethernet-Konzepte voranzutreiben, engagiert sich R. STAHL außerdem in der Arbeitsgruppe des Advanced Physical Layer-Projekt (APL) sowie in der Intrinsically Safe Ethernet Working Group. Erfahren Sie im Folgenden mehr zum Thema Eigensicherheit, den Seminaren und Dienstleistungen in diesem Bereich und den Ex i-interface-Lösungen von R. STAHL.
VORTEIL EIGENSICHERHEIT
Im Gegensatz zu weiteren gängigen Zündschutzarten, wie u.a. druckfeste Kapselung „Ex d“ und Überdruckkapselung „Ex p“, benötigt die Zündschutzart Eigensicherheit keine speziellen Gehäusekapselungen, die eine Übertragung einer im Inneren stattfindenden Explosion auf die äußere Atmosphäre verhindern. Dabei erstreckt sich diese Zündschutzart immer auf die Kombination aus Strom-/Spannungsquelle, Kabel und Verbraucher, welcher sich meist im Ex-Bereich befindet. Aufgrund dessen wird ein sehr hohes Sicherheitsniveau erreicht, das bei entsprechender Auslegung sogar den Einsatz im hochgradig explosionsgefährdeten Bereich der Zone 0 erlaubt.
Besonders praktikabel ist das Handling Ex i-geschützter Geräte im laufenden Betrieb. Erweiterungen oder Reparaturen können in explosionsgefährdeten Bereichen unter Spannung (hot work) durchgeführt sowie Geräte ohne vollständige Abschaltung von Anlagen oder Anlagenteilen hinzugefügt oder getrennt (hot swap) werden. Dies ist besonders vorteilhaft, wenn eine Störungssuche erforderlich ist oder Geräte ausgetauscht werden müssen.
Dank des einfachen Handlings, einem sehr hohen Schutzniveau sowie den vielfältigen Installationsmöglichkeiten, gehört die Eigensicherheit zur unverzichtbaren Zündschutzart für die Prozessautomatisierung und Datenkommunikation im explosionsgefährdeten Bereich.
Die Zündgrenzkurve: der Maßstab für eigensichere Stromkreise
Die bereits erwähnten maximal zulässigen Werte zur Wahrung der Eigensicherheit für Spannung (U) und Stromstärke (I) wurden experimentell ermittelt. Sie werden mit Hilfe von Zündgrenzkurven bestimmt, für jede Explosionsgruppe gibt es jeweils eine Kurve. Als eigensicher gilt ein Stromkreis, bei dem die Wertepaare aus Spannung und Stromstärke unterhalb der für die explosionsfähige Atmosphäre maßgeblichen Zündgrenzkurve liegen. Beim Einsatz in Zone 1 oder 0 ist der zulässige Wert zusätzlich um den Sicherheitsfaktor von 1,5 zu mindern.
Beispiel: In den Zonen 1 oder 0 ist der zulässige Wert um den Sicherheitsfaktor von 1,5 zu senken. Läuft ein Betriebsmittel in der Ex-Gruppe IIC und in Zone 1, darf es mit höchstens 102 mA gespeist werden.
Für den Einsatz in Zone 0 müssen diese Werte von Strom und Spannung bei einem Gerät mit eigensicheren Stromkreisen selbst dann noch eingehalten werden, wenn zwei Fehler auftreten. Bei Stromkreisen für die Zone 1 gilt es einen Fehler abzufangen. In der Zone 2 reicht es, diese Werte im normalen Betrieb einzuhalten.
Je nach ausgewiesenem Einsatzbereich (Zone 0, 1 oder 2) wird die Kennzeichnung Ex i um den Zusatz a, b oder c ergänzt. Dieselbe Ergänzung spezifiziert auch das Geräteschutzniveau (Equipment Protection Layer – EPL) für zum Einsatz in Zone 0, 1 oder 2 zugelassene Betriebsmittel. Der als Ga, Gb oder Gc ausgewiesene EPL ist in der Baumusterprüfbescheinigung und auf dem Typenschild des Gerätes verzeichnet.
Einsatzbereich | EPL | Sicherheitsniveau | Keine Zündung | Bezeichnung |
---|---|---|---|---|
Zone 2 | Gc | normal | im ungestörten Betrieb | ic |
Zone 1 | Gb | hoch | im ungestörten Betrieb und mit einem Fehler | ib |
Zone 0 | Ga | sehr hoch | im ungestörten Betrieb und mit zwei Fehlern | ia |
Nachweis der Eigensicherheit
Vor Inbetriebnahme eines eigensicheren Stromkreises ist gemäß DIN EN 60079-14 der sogenannte Nachweis der Eigensicherheit zu führen, um sicherzustellen, dass Quelle, Kabel und Verbraucher die Anforderungen der Norm in Zusammenschaltung erfüllen. Als Teil des Explosionsschutzdokumentes soll dadurch festgehalten werden, dass während des Betriebs weder Funken noch heiße Oberflächen entstehen können. Für den Nachweis werden die Werte für Spannung, Stromstärke und Leistung sowie die Energiespeicher mit ihren Kapazitäten und Induktivitäten beurteilt. Sofern die Ausgangswerte der Quelle für Spannung, Stromstärke und Leistung (UO, IO, PO) die Eingangswerte des angeschlossenen Verbrauchers (UI, II, PI) nicht übertreffen und die angeschlossenen Kapazitäten und Induktivitäten von Verbraucher (CI, LI) und Kabel (CC, LC) die Grenzwerte von CO und LO nicht überschreiten, lässt sich der Nachweis der Eigensicherheit einfach erbringen.
Dieser Nachweis muss dokumentiert werden. Die Werte für den Nachweis finden sich in der Betriebsanleitung der jeweiligen Geräte. Für das Kabel können die Werte dem Datenblatt entnommen werden oder exemplarische Werte aus der Norm zum Einsatz kommen. Die endgültigen Werte für das Kabel ergeben sich aus der Länge.
Etwas schwieriger gestaltet sich der Nachweis bei Verbrauchern mit gleichzeitig wirksamen Induktivitäten LI und Kapazitäten CI. Unter solchen Umständen können Anwender entweder auf für diesen Fall bescheinigte Werte der Quelle zurückgreifen oder gemäß einer sogenannten 50 %-Regel die Grenzwerte für CO und LO halbieren. Besonders komplexe Einzelfälle, beispielsweise mit aus mehreren Quellen gespeisten Stromkreisen, machen detaillierte Berechnungen erforderlich, welche R. STAHL auf Anfrage als Dienstleistung durchführt.
Ausnahme bei einfachen Betriebsmitteln: Beim Schutzkonzept der Eigensicherheit können bestimmte, als „einfach“ geltende Betriebsmittel ohne EU-Baumusterprüfbescheinigung eingesetzt werden. Bei dieser Option ist allerdings Vorsicht geboten, weil sie eine gründliche eigene Bewertung solcher Geräte und Bauteile wie Schalter, LEDs, Thermoelemente oder Pt100-Widerstandsthermometer gemäß IEC EN 60079-0 und 60079-11 voraussetzt. Je nach Bauart müssen hierbei Faktoren wie Erwärmungsverhalten, Isolation gegenüber Erde, IP-Schutz u.v.m bewertet sowie das Ergebnis der Bewertung schriftlich festgehalten werden. Auch hier unterstützt der Explosionsschutzexperte R. STAHL die Branche mit normkonformen Begutachtungen und Bewertungen einfacher Betriebsmittel.
Gemeinsam für Eigensicherheit
Wir nehmen Ex-Schutz ernst, und das seit fast 100 Jahren. Dabei setzen wir auf aktiven Wissenstransfer, um umfassende Sicherheit für Ihre Mitarbeiter und Maschinen jederzeit zu garantieren. Deshalb konzipieren unsere Dozenten, selbst langjährige Mitarbeiter von R. STAHL und in nationalen wie internationalen Normungsgremien tätig, verschiedene Seminare und Fortbildungen, insbesondere auch zum Thema Eigensicherheit. Dadurch bleiben Sie auf dem aktuellsten Stand der Ex-Schutz-Technik. Neben spannender Theorie sorgen auch praktische Übungen für ein tiefergehendes Verständnis. Informieren Sie sich gerne über unsere offenen Seminare!